Taleb, der Autor des „Schwarzen Schwans“ beschreibt auf teilweise geniale Weise eine andere Sichtweise von Resilienz: Er geht davon aus, dass das mehr Überlebenschancen hat, was unter Stress nicht nur widersteht, sondern gar stärker wird. Die Idee eines „posttraumatischen Wachstumsschubs“ bleibt faszinierend, und man fragt sich, weshalb man Belastung immer als nachteilig betrachtet hat. Auch ein Blick in die eigene Geschichte zeigt ja: die heutigen und unter allen Bedingungen abrufbaren Stärken sind jene, die unter Belastung und Schwierigkeiten häufig eher ungern erworben und aufgebaut wurden.
Etwas nervend (stärkend?) ist, dass Taleb auf 650 Seiten fulminant bleibt, allerdings nur gegen die Dummköpfe, seine Feinde, Andersdenkende. Offenbar hat
Taleb diese Denkweise auch gebraucht, um die Firmen zu scannen, deren Aktien er gekauft hat. Und das hat sich gelohnt. Antifragilität ist also sicher bezüglich wirtschaftlicher Überlebensfähigkeit ein wichtiger Indikator, wie weit dies auf soziale und psychische Faktoren übertragen werden kann bleibt nicht beantwortet. Ich gehe davon aus, dass die zu einem gewissen Grad zutrifft. Und auch anregt, gehabte Belastungen noch gezielter nach den dabei erarbeiteten Ressourcen zu durchleuchten.
Das Buch braucht etwas Geduld, doch der erste Drittel lohnt sich auf jeden Fall.

Antifragilität von Nassim Nicholas Taleb