Viele sind stolz, dass Deutschland und Europa das Maschinenhaus der Weltwirtschaft ist. Doch das Cockpit ist anderswo: dort wo die Digitalisierung nicht nur als Optimierung der Industrie und Abläufe verstanden wird, sondern wo diese bezüglich ihrer neuen Möglichkeiten genutzt wird: für Kooperation, Entwicklung, Organisationen, Netzwerk.
Dies ist der grosse Bogen des Einstiegs ins Buch. Es kritisiert, dass heute noch in Aspekten von Betriebsgrössen, Führungsbereichen usw. gedacht wird und dass man damit Gefahr laufe, Entwicklungen zu verschlafen: heute gehe es um Netzwerke, neue Formen der Zusammenarbeit, und die ist durch die Digitalisierung – deshalb eine der stark wachsenden Abteilungen in Organisationen – möglich. Aber das Management ist selbst nicht der richtige Manager, um die damit mögliche Demokratisierung zu leiten und umzusetzen. Allerdings – es gilt, die Digitalisierung sinnvoll zu nutzen, nicht nur für mehr Zahlensteuerung, Reporting, grössere Führungsspannen und zur Auflösung der Mitwirkung in den Betrieben. Sondern für mehr Selbststeuerung, Demokratie, Kreativität und Eigenverantwortung.
Verschiedene wichtige Akteure der deutschen Wirtschaft kommen zu Wort: Politikberater und Managementforscher, die berichten, dass sich die Wirtschaft wandelt; ein Wirtschaftsprofessor, der demokratische Unternehmen als Bedrohung der guten alten Gewerkschaft – Unternehmer-Feindschaft erlebt. Der Bundesverband der deutschen Industrie, der feststellt, dass Wandel zur Normalität wird (sic) und dass die digitale Entwicklung Chancen und Gefahren birgt – in einem Nebensatz dann noch der Hinweis, dass möglicherweise Teamprämien sinnvoller wären als Einzelboni. Zwischendurch geniale Konzepte von Serienunternehmern, die neue Teilhaberformen wie Treuhandeigentum vorschlagen und nebenbei eine Geschichte der Arbeit aufzeichnen, wie sie nicht gelehrt wird. Dann konkrete Beispiele zur Teilhaberschaft der Belegschaft, zum Zusammenspiel im Alltag, zur Ausdifferenzierung der Rollen und Kulturen in Organisationen, die umsetzbar vorgestellt werden. Einige enthalten Elemente von Soziokratie und ein Zusammenspiel von Hierarchie und Selbstorganisation. Ein Buch mit Anregungen und Kopfschütteln zur Demokratisierung in breiter Sicht, das zum Stand der Weiterentwicklung in der Arbeitswelt informiert.

Das demokratische Unternehmen – neue Arbeits- und Führungskulturen im Zeitalter digitaler Wirtschaft von Sattelberger, Welpe, Boes (Hrsg.)
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