Laterale Führung meint Führung zur Seite hin und kommt häufig in Querschnittsfunktionen und Projektleitungen vor. Spezifisch dran ist, dass im Unterschied zur Linienführung wohl eine Verantwortung für eine Aufgabe besteht, dass aber die in der Linie übliche Weisungsbefugnis gegenüber Mitarbeitenden nicht vorhanden ist, da diese meist anderen Linien unterstellt sind.

Das von Kühl dargestellte Konzept meint im Wesentlichen, dass man deshalb – anders als in der Linie – erst ein „Team“ herstellen muss: die Plausibilität der Aufgabe und die Kommunikation darüber ist zentral; dazu müssen die Denkgebäude der einzelnen Abteilungen verlassen und etwas Übergreifendes gefunden werden: Kühl nennt das den Teil „Verständigung“, der aufzubauen wichtig ist. Ferner muss „Macht“ im Sinne von lokaler, wenn nicht formaler dann eben informaler Macht aufgebaut werden, um als Projektleitung ernst genommen zu werden. Und schliesslich ist „Vertrauen“ wichtig, dass man sich einlässt. Das wird wie üblich aufgebaut, in dem man auf Risiko hin Vorschussvertrauen gibt, dieses aber kontrolliert und dosiert. Alle drei Faktoren seien gleich wichtig, es ist auch möglich, dass einer der Faktoren durch einen anderen ersetzt wird und damit dessen Funktion kompensiert.

Das Konzept ist plausibel, aber etwas begrenzt: sicher ist als nachlaufendes Kontrollkonzept sinnvoll, um abzuchecken, ob man in der Projektleitung gut organisiert ist. Um die Situation sinnvoll zu konstruieren, gibt das Konzept der lateralen Führung weniger her – es ist zu global, in zu grossem Auflösungsgrad (in der Fotografie würde man sagen: zu grobkörnig) formuliert und wird deshalb meist für die Umsetzung stark angereichert. In der Praxis wird es einfacher gelebt, wenn man Motivation herzustellen versucht, den Sinn der Tätigkeit bewusst macht (dann hat man schon Verständigung und Vertrauen). Wenn die üblichen Machtfaktoren oder Aspekte von Effectuation und agilen Arbeitsweisen berücksichtigt werden, ist es ebenfalls leichter umzusetzen. 

Auf der übergeordneten Ebene ist der Organisationsdenker Stefan Kühl hilfreich: was muss in Organisationen gegeben sein, damit laterales Führung gelingen kann, was liegen die Risiken und Gefahren und Grenzen. Und mit der Einbettung von Projekten in die Alltagsroutine werden Gewichtungen vorgeschlagen: die Innovatoren, die Projekte leiten noch die Routiniers, die die operative Tätigkeit aufrecht erhalten, sind beide für die Organisation gleich wichtig. Kooperiert wird überall, nur sind die Bedingungen leicht verschieden. Widerstand wird in der Linie anders bearbeitet als im lateralen Führen: da gilt nur überzeugen, für die Idee gewinnen, Einbezug der Personen. Und ein Anerkennen, dass es eben Macht-, Verständigungs- und Vertrauensprobleme gibt die es einzubeziehen und zu berücksichtigen gilt, und zwar bis zum Abschluss des Projektes.

Laterales Führen von Stefan Kühl