Diese Dissertation gehört zu jenen, die mich stark geprägt haben: Ich hatte das Glück, die intensiv mit Stephan Müller kennen zu lernen. Er und eine weitere Person werden in der Einleitung zum Buch als zentral für die Entstehung dieser Theorie bezeichnet: Die hier formulierte Strukturmorphologie hilft mir mein Gefühl gegenüber bestimmter Strukturen zu verstehen und prägt meine intuitive Einschätzung welche Aufgaben mit welchen Strukturen erbracht werden können. Es wird unterschieden zwischen segmentären Strukturen, die in gleicher Ausrichtung nebeneinander sind und komplementären / arbeitsteiligen Strukturen, die einander ergänzend geschaffen werden, um zusammen ein Ganzes zu bilden. Diese zwei Typen treten je in einer dezentralisierten (unabhängig, von innen heraus geprägten), halbzentralisierten (gegenseitig ausgehandelten) und zentralisierten (von einem Zentrum geprägten) Variante auf. Diese sechs Strukturformen haben verschiedene Adaptions- und Integrationsleistungen, will heissen können je nur unter spezifischen Rahmenbedingungen gedeihen und bestimmte Verschiedenheiten von Subsystemen umfassen, integrieren – oder eben nicht. Je nach dem, was die Struktur leisten soll macht eine andere Prägung oder Kombination dieser Strukturtypen Sinn. In der Organisationsentwicklung ist dieser Hintergrund für mich zentral, zeigt er doch auf, was die zur nötigen Leistung gehörende Struktur ist. Das Buch ist zwar hoch theoretisch, aber für geneigte Personen eine Inspiration. Als ich es nun nach über dreissig Jahren wieder las, ist mir viel an alltäglichem und professionellem Strukturleistungsvermögen klar geworden. Und diesbezüglich ist es nach wie vor topaktuell. So sind die Strukturen, Leistungsvermögen nach innen und aussen von Bürokratien, vom Markt, von Verbünden vergleichbar. Es kann daraus z.B. geschlossen werden, welche Formen von Partzipation, Entscheidungsprozessen und Führungsstilen sinnvoll sind. Und für welche Produkte und Dienstleistungen welche Organisationsform zutreffend ist. Zugegeben: das ist alles intuitiv und logisch auch erkennbar, aber mit diesem Modell leichter modulier- und variierbar – und es wird auch ersichtlich, wo es für Ergänzendes wie Weiterbildung, Mitbestimmung und Führungsverfahren welche Strukturformkompositionen braucht.
Strukturformen und Funktionsleistungen sozialer Systeme von Hans Geser; ein soziologisches Paradigma