Dieses Buch ist die Fortsetzung von „Postwachstumsgesellschaft“. Während das Letzteren belegt, dass Konzepte für eine Postwachstumsgesellschaft (PWG) nötig sind – und auch vorgelegt, werden im neuen Buch „Tätigsein in der PWG“ anhand vieler Branchen im Detail Szenarien vorgestellt, wie die zukünftige Arbeit in der PWG aussehen könnte. 

Ein Buch, in dem die Zukunft unserer Arbeits- und Wirtschaftswelt erdacht wird. Der Horizont der Autorinnen liegt nicht dort, wo sie feststellen, was man alles nicht tun sollte, sondern sie reflektieren das gesamte Wirtschaftsmodell. Dass sogar in den SDG’s (den Sustainable Development Goals der UNO, mit denen unsere Welt gerettet werden könnte) zwar nachhaltiges, aber konstant hohes Wachstum festgeschrieben ist, war mir nicht bewusst. Die Autorinnen belegen, dass es nur weitergehen kann, wenn wir auf Wachstum verzichten, weil jedes Wachstum mehr Ressourcen verschleisst und darauf basiert, dass etwas effizienter als bisher gemacht wird. Mit allem was effizienter gemacht wird, wird Arbeit wegrationalisiert. Da aber für den Konsum der zusätzlich produzierten  Waren mehr Lohn nötig ist, wird mehr Lohn ausbezahlt. Das ist nur möglich, wenn die Produktivität noch mehr ansteigt, was noch mehr Arbeit wegrationalisiert, was nur mit mehr Produkten, die zusätzliche Arbeit ermöglichen, umsetzbar ist. Also eine Spirale, die letzten Endes nie aufgehen kann und immer auf mehr Ressourcenverschleiss hinausläuft – auch wenn man Wachstum nachhaltig zu gestalten versucht. 

Die Autorinnen legen logisch dar, dass es ohne Wachstum gehen müsste und kann. Dazu verweisen sie darauf, dass wir schon länger mit einer 20-Stunden-Arbeitswoche besser fahren würden – und dass es immer mehr unbezahlte Arbeit zu tun gibt, die aktuell vernachlässigt oder wenigen überbürdet wird, und diejenigen, die sie übernehmen, Lebensqualität kostet. Sie suchen nach Modellen, wie eine Postwachstumsgesellschaft aussehen könnte, und haben in diesem Buch 13 AutorInnen einbezogen, die sich zu verschiedenen Aspekten äussern. So wird beschreiben, wie alternative Konsumformen aussehen können, Unternehmen nachhaltige Arbeit gestalten können, Erwerbsarbeit im Spannungsverhältnis von Ökologie und Verteilungsgerechtigkeit aussehen könnte. Gemeinnütziges Tätigsein, der Sorgebereich, die Landwirtschaft, Digitalisierung, Soziale Sicherung und die Arbeit in Entwicklungs- und Schwellenländern werden durchgedacht und postwachstumskompatible Lösungen entworfen.

Mit der Corona-Krise im Jahre 2020 erleben wir, dass die Politik nicht handelt, wenn eine kollektive, aber wenig greifbare Bedrohung der Menschheit wie die Klimakatastrophe da ist, dass die Politik aber sehr wohl handelt, wenn Individuen ganz konkret und heute gefährdet sind. Und dass sie dann sehr schnell handeln kann und sich dabei auf schon vorhandene Grundlagen stützt. Insofern bin ich sehr froh, dass hier fundierte Grundlagen geschaffen werden, die im unerwarteten Fall vielleicht plötzlich genutzt würden – dies als Entwicklung wäre ein hoffnungsvoller Weg. So hoffe ich, dass noch mehr solcher zukunftsorientierter Grundlagen für die Phase nach Wachstum, in Klima- und anderen Krisen mit dieser Ernsthaftigkeit, Gründlichkeit und fundierten Herangehensweise geschaffen werden.

Tätigsein in der Postwachstumsgesellschaft von Irmi Seidl und Angelika Zahrnt